Unabhängige Produktprüfung Lebensversicherung

Finanz-IQ: Was bringt Ihnen eine alte Lebensversicherung?

Die meisten Menschen schauen mit einem unguten Gefühl auf den Ordner mit Ihren Vorsorgeprodukten. Jeden Monat fließt ein nicht unerheblicher Betrag in diese Verträge und regelmäßig stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit. Wie einfach Sie bei alten Lebensversicherungen die zu erwartende Rendite ausrechnen können, zeige ich Ihnen in diesem Fachartikel.

Die Analyse

Schritt 1: "Wichtige Eckdaten klären"

Sofern es sich bei Ihrem Vertrag um eine kapitalbildende Lebensversicherung handelt, die Sie vor 2005 abgeschlossen haben, dann sollten Sie relativ leicht die folgenden Informationen in Ihren Unterlagen finden (in Klammern das Zahlenbeispiel):

  • Aktueller Monatsbeitrag (100 EUR)
  • Garantierte Ablaufleistung zum Vertragsende (50.000 EUR zum 31.12.2037)
  • Hochgerechnete Ablaufleistung zum Vertragsende (60.000 EUR zum 31.12.2037)
  • Aktuelles Vertragsguthaben zum letzten verfügbaren Stichtag (13.600 EUR zum 01.01.2019)

 

Schritt 2: "Rendite berechnen"

Die obigen Zahlen tragen Sie in Excel ein und berechnen recht einfach die verbleibende Vertragslaufzeit und die implizierte Rendite, die sich aus den obigen Zahlen ergibt. Da Sie bei dem obigen Beispiel alle relevanten Zahlungsströme kennen (Guthaben heute, monatliche Zahlung, Dauer und Ablaufleistung), ist die einzige Unbekannte die Verzinsung Ihres Guthabens und diese lässt sich mit Hilfe einer einfachen Rechenformel berechnen. Die Analyse und die verwendeten Zahlen sind in folgender Grafik zusammengefasst.

Renditeberechnung Lebensversicherung

 

Die Werte, die Sie bei der Berechnung erhalten, liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit unter der Verzinsung, die Ihnen damals für den Vertrag versprochen wurde (vgl. Erläuterung in Wikipedia zum Höchstrechnungszins). Die Differenz entsteht durch die mit Ihrem Vertrag verbundenen Kosten. Je höher die Differenz zwischen der versprochenen Verzinsung und der tatsächlichen Rendite, desto höher die Kosten.

 

Das Ergebnis

Sie wissen nun, dass Ihre Lebensversicherung z.B. eine Rendite von 2,3% (garantiert) bis 3,6% (möglich) bringen wird. Diese Rendite ist nach Kosten und Steuern zu verstehen. Die spannende Frage ist nun, wie sich dieser Baustein in Ihre Gesamtsituation einfügt. Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, die ich Ihnen kurz vorstelle:

  1. "Investition": 2-3% nach Kosten und Steuern sind in der aktuellen Niedrigzinsphase gar nicht so schlecht und daher kann das Durchhalten der Lebensversicherung ein Baustein des langfristigen Vermögensaufbaus sein. Leider lässt sich diese Art der Investition nicht weiter erhöhen, da nur die Altverträge diese attraktiven Verzinsungen aufweisen.
  2. "Investitionsrücklage": Die Lebensversicherung kann auch als eine Art Notgroschen gesehen werden, die nur bei Bedarf aufgelöst wird, um andere Investitionen (z.B. Immobilien) zu stützen. Damit ist sie vergleichbar mit jederzeit verfügbarer Liquidität und bietet eine attraktive Verzinszung. Dieser Ansatz macht Sinn, wenn Sie mit Ihren anderen Investitionen eine Rendite oberhalb der Rendite der Lebensversicherung erwarten.

 

Je höher Ihr aktuelles bzw. erwartetes Guthaben in Form von Lebensversicherungen ist, desto dringender empfehle ich Ihnen sich auch mit den möglichen Risiken, die sich aus solchen Verträgen ergeben können, auseinanderzusetzen. Die Rendite ist nämlich nicht zu 100% risikolos und für Ihre persönliche Finanzplanung sollten Sie ein gewisses Verständnis von dem haben, was bei dieser Art von Verträgen passieren kann.

Disclaimer

Den dargestellten Vergleich habe ich für die individuelle Situation meines Mandanten durchgeführt. Dieser Artikel beinhaltet keine Empfehlung zum Abschluss oder Nicht-Abschluss eines Vertrages. Die Angemessenheit und Eignung eines Finanzproduktes muss immer im Einzelfall geprüft werden und ich rate Ihnen dabei einen unabhängigen Fachmann zu Rate zu ziehen.  Insbesondere weise ich auf die folgenden Sachverhalte hin:

  • Steuerliche Implikationen eines solchen Vertrages sollten Sie immer von einem Steuerberater prüfen lassen.
  • Jede Einschätzung bezüglich eines Altvertrages muss immer im Kontext Ihrer Gesamtsituation gesehen werden. Eine isolierte Betrachtung von Einzelprodukten wird nie zu einer guten Empfehlung führen.
  • Mit Ihrer Lebensversicherung ist üblicherweise auch eine Todesfallabsicherung verbunden. Diese Thematik habe ich aus Gründen der Komplexitätsreduktion im obigen Artikel ignoriert.

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